Divine, die göttliche Tunte, das Monster aus «Notre-Dame-des-Fleurs», schockiert nicht nur den heterosexuellen Leser - ihr Verfall und Abstieg stossen vor allem Schwule vor den Kopf. Keine leichte Kost für die Verfemten des Liebesglücks. Verrat ist eine der Tugenden, die Genet pflegt. Seine Leidensgenossen nimmt er davon nicht aus. Genet kultiviert das Böse. Seine autobiografischen Romane drehen sich um Diebstahl, Mord, Verrat und Homosexualität. Cocteau war schockiert und begeistert zugleich. Anfangs in Liebhaberkreisen zirkulierend, wegen ihrer pornografischen Direktheit ebenso verpönt wie begehrt, begründen sie den Mythos von Genet, dem ungeliebten Kind der öffentlichen Fürsorge, dem schwer erziehbaren Jugendlichen, dem Dieb und Stricher, der sich aus dem Kreislauf von Vergehen und Strafe durch die Literatur befreite. Sein Roman «Querelle» war der vorweggenommene Höhepunkt möglicher schwuler Literatur. (Wolfgang Theis)
Im Anschluss an den Vortrag zeigen wir Genets Film «Un chant d'amour» (F 1950, 26 min, ohne Dialog).
Weitere Filme in der Reihe zur Hommage an Jean Genet sind «Poison» und «Sister My Sister».
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